Beitragsbild: Pixabay, Gerd Altmann
Heute früh fuhr ein weiteres Mal eine Kolonne mit Panzer der Bundeswehr an meinem Wohnort vorbei. Einige Jahre sah ich keinen Panzer auf unseren Straßen fahren. Doch Ende 2022 sah ich sie wieder, die lauten Dinger. Am liebsten würde ich sie ignorieren, mitsamt dem, was durch ihre Benutzung möglich wird.
Alleine die Fahrgeräusche und der Anblick der fahrenden Panzer löste in mir extremes Unbehagen aus. Was wäre, wenn dies plötzlich Alltag wird? Was wäre, wenn ich mich plötzlich in einem Bunker verstecken muss?
Die aktuellen Bilder und Aussagen der Medien über das aktuelle Kriegsgeschehen im Nahen Osten, lassen überhaupt keine guten Gefühle in mir aufsteigen.
Kindheitserinnerungen tauchten plötzlich in mir auf. „Wenn du nicht brav bist, dann holt dich der Russe!“ Die Angst vor einem kalten Krieg, erlebte ich in den 1970 / 80er, welche auch noch kreative Erziehungsideen mancher Eltern schufen.
Außerdem befindet sich in der schönen Oberpfalz der Truppenübungsplatz der Amerikaner rund um Grafenwöhr und Vilseck. Obwohl zu meinem Elternhaus gut 40 Km entfernt, hörte man vor allem in dieser Zeit die Übungen mit den Geschützen: „Wums, rums, bumsrums, womums …“ teilweise klirrten die Fenster. Die Anwohner rund um den Truppenübungsplatz mussten ganz schön was an lauten Geschossen aushalten.
Der Bauernhof und sein umliegendes Gelände, auf dem ich aufwuchs, stehen für die deutsche Abwehr als strategisch wichtiger Punkt auf der Liste. So musste meine Familie alljährlich während der Zeit des kalten Krieges, Manöver der Bundeswehr über sich ergehen lassen. Sie fuhren mit ihren dunkelgrünen, grauen Jeeps auf und ab. Soldaten richteten sich Lager in unseren Scheunen ein. Laut wurde es, als die Panzer an unserem Küchenfenster vorbei brummten. Ihre Ketten rasselten und rissen Löcher in unsere Hofwege. Während dieser Zeit war uns Kindern verboten alleine, ohne Begleitung eines Erwachsenen nach draußen zu gehen.
Einmal landete ein riesiger Hubschrauber auf der Hofwiese. Lautes Getöse und stürmender Wind durch die langen Rotorblätter blieben in meiner Erinnerung haften. Meine Kinderaugen sahen ein Monster, welches scheinbar größer als die Fläche der Wiese war, landen.
Zudem rackerten Panzer zu Übungszwecken auch über Felder und Wiesen und ackerten vieles über, was besonders vor der Erntezeit, zu großem Ärger bei den Landwirten führte. Gott sei Dank wurde es ab der Zeit, als die Grenzen zur Tschechei geöffnet wurden, mit den Manöver der Bundeswehr und auch der Amerikaner ruhiger. Und Deutschland schaffte ja den Wehrdienst die letzten Jahre auch ab. … Für meine Seele ein Segen, aber scheinbar nicht für das momentane militärische Geschehen.
Eine prekäre Situation brannte sich in mein Gedächtnis ein:
Es war ein Samstagvormittag und ich arbeite zusammen mit meinem Vater im Schweinestall. Auf einmal dröhnte es draußen laut und er schaute über eine Türe, welche in 2 Metern Höhe zum Mist auskippen diente, nach draußen. Ohne lange zu zögern, sprang er hinaus und lief winkend und Stopp schreiend einem großen Panzer entgegen. Ich war so geschockt von diesem Anblick, sah schon meinen Vater als Brei unter dem Panzer liegen. Kurz vor knapp hielt dieser jedoch röchelnd an. Ein Soldat kroch oben aus der Luke heraus und schrie meinen Vater an. Es gab eine heiße Diskussion.
Welch ein ulkiges Bild für mich: Der Soldat in Camouflage und mein Vater, gekleidet mit einem weißen Overall, weißem Mützchen und schwarzen Gummistiefeln. Mein Vater verbot ihm, mit dem Panzer über die neu gebaute Jauchegrube zu fahren und wich nicht von der Stelle, man hätte ihn wegtragen müssen. So musste die Panzerkolonne wieder rückwärtsfahren und einen anderen Weg nehmen.
Ich weiß bis heute noch nicht, ob ich stolz auf meinen mutigen Vater sein sollte, weil er die Jauchegrube vor Schäden rettete, oder ob ich einfach nur froh bin, dass er heil blieb.
Wie war das gefühlt für mich als Kind, als sich die Panzer und Soldaten auf dem Hofgelände aufhielten?
Zum einen war da natürlich Neugierde, denn es war eine aufregende Abwechslung, wenn die Manöver direkt vor der Haustüre stattfanden. Doch für mich war es gefühlt mehr Krieg. In mir tauchten Bilder von Angst, vertrieben zu werden, mich verteidigen zu müssen, auf. Nachts verfolgten mich die Soldaten in meine Träume. In meinen Träumen nahm ich immer ein Schwert mit, wenn ich aus dem Haus ging. So konnte ich mich verteidigen, wenn ich von Soldaten angegriffen wurde … und wie ich in meinen Träumen immer wieder aufs Neue um mein Leben focht.
Wie mag es den Menschen und vor allem Kindern in Kriegsgebieten ergehen? Schrecklich!!!!!!!
Wo sind 2023 die zivilisierten Politiker mit Verantwortung? Verantwortung für das Wohlergehen nicht nur für das eigene Volk, sondern insgesamt dem Respekt vor dem Leben anderer Menschen?
Was läuft hier eigentlich in der angeblich so hoch entwickelten Zivilisation ab? Schrumpft mit Fernsehen, Internet und KI so beträchtlich das Gehirn – sprich der gesunde Menschenverstand?
Gibt es überhaupt Empathie in dieser politischen Szene? Sind hochgebildete, oder hoch dotierte Menschen eigentlich noch mit ihrer Herzintelligenz, ihrer Intuition verbunden?
Was meinst du dazu?
Nachdenklich!
Am Abend, den 9. Februar 2023 saß ich wieder über diesen Beitrag, um weiterzuschreiben und wunderte mich über das Klirren meines Geschirrs im Schrank. Nachdenklich und auch besorgt, es könne ein leichtes Erdbeben sein (da Anfang der Woche das Erbeben in der Türkei und Syrien stattfand), öffnete ich das Fenster und hörte aus der Ferne „Wums, krawumsbums …“. Ah, die Amis spielten wieder mal Krieg. Am folgenden Tag hielt ich mich vormittags im Keller auf, um aufzuräumen und musste dabei auch in die Hocke gehen. „Was ist das?“ Meine Fußsohlen vibrierten bis in die Knie hinein. Irritiert lauschte ich inne, um herauszufinden, woher das Vibrieren stammte. Oha, „Krawumms, bumms-rumms!“ Meine Fußsohlen vibrierten. Meine Gedanken begannen ab da zu schwirren! Wurde ich durch das Schreiben dieses Blogbeitrags sensibilisiert auf diese Geräusche? Nahm ich die lauten Kriegsspiele als gewohnten Bestandteil meines Lebens gar nicht mehr wahr? Mein Gedanke: „Eigentlich lebe ich hier ja je nach Übungssaison im Kriegsgeschehen!“ Die abgeriegelten Landstriche, Zäune und Verbotsschilder des militärischen Bereichs, Soldaten, die brummenden schweren Flugzeuge der Armee und „Krawums-Bums“ gehören hier in diesem Landstrich zum Leben dazu.
Ich bin ehrlich, ab da wurde ich um einiges nachdenklicher über all das, was um mich herum abläuft. Seither beäuge ich kritisch die aktuellen Nachrichten.
Nun, Krieg möchte ich keinen! Alles, was damit in Verbindung steht, neige ich zu meiden. Gerade da verliebte sich vor fast zwei Jahren meine Tochter in einen amerikanischen Soldaten, heiratete und wurde Mama. Und jetzt bin ich konfrontiert mit einem Soldaten als sympathischen Schwiegersohn, welchen ich ins Herz schloss. Aktuell öffnen sich in mir Ängste, dass er in den Krieg ziehen muss.
Frieden, welch ein Wort, welch ein Gedanke, welch ein Wunsch!
Vor mehr als 20 Jahren taufte ich mein Telefon „Frieden“, mit dem Ziel, dass endlich nervende Anrufe aufhören. Letztendlich begann dieser Friedenswunsch in mir, in dem ich bei bestimmten Anrufern nicht mehr ans Telefon ging.
Dieser Friedenswunsch bewegte mein Inneres, sodass ich in diesen Fällen Beziehungsthemen löste und Klarheit schuf, bevor es knallte. Liest sich so einfach, doch ich musste damals ganz schön durch meine Schatten hindurchwandern und Zugeständnisse machen. Doch am Ende siegte der zwischenmenschliche „Frieden“.
Ich wünsche mir, dass die kriegsführenden Nationen und deren verantwortliche Politiker auf dieser wunderschönen Welt jetzt auch endlich „Frieden“ hinbekommen!
Ich wünsche dir und uns allen auf dieser Welt, Frieden!
Frieden in dir, Frieden in deiner Familie, Frieden in deiner Nachbarschaft, Frieden in deinem Ort, Frieden in deinem Land, Frieden auf der ganzen Welt, Frieden im ganzen Universum.
Herzlichst, Sandra
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